Julian Schwarzmann
Lesezeit: 5 Minuten
Zinsen vom Finanzamt: Kosten & Gewinne durch die Steuererklärung
Mit der Steuererklärung winkt nicht nur eine Steuererstattung. Steuererklärungen, die noch nicht bestandskräftig und in Überprüfung sind, können zu Kosten oder „Gewinnen“ durch Zinsen führen. Mitte 2022 wurde die Zinshöhe neu festgelegt.
Julian Schwarzmann
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Es winken 1,8 Prozent Zinsen p. a. vom Finanzamt
Das Finanzamt zahlt dir zusätzlich zu deiner Steuererstattung einen Bonus in Form von Zinsen – jedoch erst, nachdem ein zinsfreier Zeitraum verstrichen ist. Die Berechnung der Zinsen beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, nach der sogenannten Karenzzeit. So bekommst du bei einer späten Steuererstattung 0,15 Prozent Zinsen pro Monat (siehe: §233a und 238 AO).
Diese 0,15 Prozent pro Monat, bzw. 1,8 Prozent p. a. (pro Jahr), bilden die Finanzmarkt-Situation relativ realistisch ab. Zuvor hatte die Finanzgesetzgebung Steuerbescheide ab 2019 „eingefroren", da die vormals geltenden 0,5 Prozent pro Monat bzw. 6 Prozent p. a. sehr weit vom marktüblichen Zins entfernt waren.
Wir zeigen dir, welche Voraussetzungen für die aktuellen 1,8 Prozent p. a. gelten müssen. Zuvor: Eine Zeitleiste der Ereignisse der Zinshöhe-Entscheidung.
Aktuelle Entwicklungen:
Der Bundesrat hat entschieden. Gut einen Monat vor Ablauf der Frist für die Zinsentscheidung hat der Bundestag dem von der Bundesregierung erbrachten Vorschlag zur Zinshöhe zugestimmt. Mit dem grünen Licht des Bundesrats steht die Zinshöhe jetzt fest: 0,15 Prozent pro Monat, 1,8 Prozent p. a.
Alle zwei Jahre wird nun evaluiert, ob dieser realitätsnah ist. Die nächste Evaluierung: 01. Januar 2024.
Anfassen müssen die Finanzämter jedoch nur die Steuerbescheide ab 2019. Verzinsungszeiträume zwischen 2014 und 2018 sind zwar als „evident realitätsfern“ eingestuft worden, rechtlich aber weiterhin wie die Bescheide vor 2014 zu behandeln.
08. Juli 2021 (zwischenzeitlich überholte rechtliche Situation):
Mit dem Urteil 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 vom 08. Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht die Zinssituation bei Steuerrückzahlungen bzw. -nachzahlungen geändert.
Die bisherigen 6 Prozent Zinsen sind laut Urteil weit von der Realität am Zinsmarkt entfernt und wurden rückwirkend seit 2014 als verfassungswidrig erklärt.
Anfassen müssen die Finanzämter jedoch nur die Steuerbescheide ab 2019. Verzinsungszeiträume zwischen 2014 und 2018 sind zwar als „evident realitätsfern“ eingestuft worden, rechtlich aber weiterhin wie die Bescheide vor 2014 zu behandeln.
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Steuerjahre 2019 bis 2024: Beginn des Zinslaufs verschoben
Aufgrund der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung für einige Jahre die Abgabefristen der verpflichtenden Steuererklärung nach hinten angepasst. Dies hat auch Auswirkungen auf die Verzinsungszeiträume. Auf die eigentlichen 15 Monate werden für 2019, 2020 und 2021 sechs Monate aufaddiert, in den Folgejahren wird weniger stark verschoben.
So beginnt im Regelfall der Zinslauf für das Steuerjahr…
- 2019 am 01.10.2021
- 2020 am 01.10.2022
- 2021 am 01.10.2023
- 2022 am 01.09.2024
- 2023 am 01.07.2025
- 2024 am 01.06.2026
So profitierst du von hohen Zinsen
Wenn du immer pünktlich deine Steuererklärung einreichst, wirst du kaum in den Genuss der Zinszahlung vom Finanzamt kommen. In der Regel hast du deinen Steuerbescheid nach zwei oder drei Monaten vorliegen und, wie oben erwähnt, beginnt die Zinsberechnung erst viel später.
Sehr spät wirksame Steuerbescheide sind jedoch möglich:
- Du hast beim Finanzamt Einspruch gegen deinen vorläufigen Steuerbescheid eingelegt.
- Du gehst nach einem erfolglosen Einspruchsverfahren gerichtlich gegen die Entscheidung des Finanzamts vor, dass Posten nicht anerkannt werden, Berechnungen anders ausfallen oder ähnliches.
- Du gibst deine freiwillige Steuererklärung erst sehr spät ab.
Früher war es möglich, besonders durch die freiwillige Steuererklärung in den Genuss der überhöhten Finanzamt-Zinsen zu kommen. Denn für die Abgabe der freiwilligen Steuererklärung hast du vier Jahre Zeit. Durch die Neuregelung des Bundesverfassungsgerichts kannst du diese hohen Zinsen nicht mehr erreichen.
Steuerzinsen sind weiterhin möglich, die Zinshöhe liegt jetzt aber im realistischen Rahmen.
Ein Beispiel:
Du gibst deine freiwillige Steuererklärung des Jahres 2018 sehr spät ab, am 31. Dezember 2022. Der Steuerbescheid dazu geht dir Anfang März 2023 zu und weist eine beispielhafte Steuererstattung von 1.500 Euro aus.
Neben dieser Summe steht dir zusätzlich eine Verzinsung zu. Die ersten 15 Monate Karenzzeit sind jedoch zinsfrei. Der Zinslauf/Verzinsungszeitraum beginnt damit erst im April 2020. Für den Zeitraum gelten die 1,8 % Zinsen pro Jahr statt der 6 Prozent (für Zeiträume vor 2019).
Nach Ablauf der ersten 15 zinsfreien Monate verbleiben 35 verzinste Monate – von April 2020 bis Februar 2023 –, die sich folgendermaßen auswirken:
35 Monate x 0,15 % x 1.500 Euro = 78,75 Euro.
Du hättest neben der Erstattung zusätzlich 78,75 Euro Zinsen erhalten, insgesamt also 1.578,75 Euro.
Muss ich die Zinsen beantragen?
Nein, sollten dir Erstattungszinsen zustehen, musst du nicht tätig werden. Das Finanzamt berechnet die Höhe der Zinsen eigenständig und überweist sie gemeinsam mit der Steuererstattung auf dein Konto.
Müssen die Zinseinnahmen versteuert werden?
Die Zinserträge, die dir das Finanzamt zahlt, musst du als Einkunft aus Kapitalvermögen versteuern (§20 EStG). Denn auf diese Zinsen hast du noch keine Kapitalertragssteuer (auch Abgeltungssteuer genannt) abgeführt.
Dafür musst du den Zinsertrag in die Anlage KAP eintragen. Maßgeblich ist das Jahr der Auszahlung durch das Finanzamt.
Gibt es auch Nachteile der Steuererklärung-Zinsen?
Je länger ein Einspruch oder ein gerichtliches Verfahren dauert, desto höher fällt der Zinsbonus aus. Das sollte allerdings nur in deinem Sinn sein, wenn es zu einer Steuererstattung kommt. Denn Zinsen werden auch für den gegenteiligen Fall berechnet, wenn du eine Steuernachzahlung zu leisten hast. Auch hier beträgt die Zinshöhe für Verzinsungszeiträume bis Ende 2018 0,5 % pro Monat. Für den Zeitraum ab 2019 werden bis mindestens 2024 1,8 Prozent p. a. herangezogen.
Anders als die Erstattungszinsen haben die Verzugszinsen übrigens keine steuerliche Bedeutung. Du kannst sie also nicht in deiner Steuererklärung absetzen.
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